Saxonette: So macht man sie schneller
Seit 3 Jahren bin ich stolzer Besitzer eines "Fahrrades mit Hilfsmotor", einer Saxonette.
Ich wollte schon immer ein Motorrad fahren. Als Jugendlicher habe ich Mopeds "frisiert". Statt den zugelassenen 40 km/h fuhren die dann bis zu 80 km/h.
Natürlich nicht lang. Der Motor war einfach nicht für die doppelte Drehzahl ausgelegt. Aber Onkel Frieder war Meister beim "Sachs"; und so war es kein Problem einen neuen Zylinder plus Kolben für
einen nächsten Frisier-Versuch (heute sagt man "Tuning") zu ergattern.
Aber der Aufstieg auf ein richtiges Motorrad ist mir nie gelungen. Mit 40 habe ich mit meiner damaligen Flamme Astrid die Fahrschul-Ausbildung für der
Zweier-Führerschein gemacht. Wir wollten uns -verrückt wie wir waren- ein Harley zulegen. Aber 1 Tag vor der Prüfung stelle sich heraus, dass Astrid mit Felix schwanger war. Und da war uns das
Motorrad-Fahren nun doch zu gefährlich.
Mein Lieblings-Spruch, wenn einer meiner Feuerwehrleute mit dem Motorrad zum Dienst kam, war "Motorrad-Fahren ist das beste Mittel gegen Alterskrebs". Und wenn ich gelegentlich einen kranken
Kollegen in der Reha-Klinik Marmagen besuchte, fielen mir die jungen Männer auf, die dort nach einem Motorrad-Unfall querschnittsgelähmt im Rollstuhl herumfuhren.
Jetzt fahre ich statt einer Harley eine Saxonette. 40 Jahre alt. Und ständig ist man am „Schrauben“: Weil die Sprit-Düse verstopft ist, weil die Zündkerze verrußt ist, weil der Auspuff sich gelockert hat, weil der Vergaser-Schwimmer klemmt, und, und, und.....
30 Kubik-Zentimeter Hubraum. Man sollte besser „Hub-Räumchen“ sagen. Mit mageren 0,7 PS. Heute sagt man 0,5 Kilowatt. Und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h.
Deshalb darf man dieses Fahrrad mit Hilfsmotor, wie die amtliche Bezeichnung lautet, auch ohne Helm und sogar auf Radwegen benutzen.
Den Helm setze ich trotzdem auf; mein Kopf ist mein wichtigstes Körperteil.
Aber das mit dem Radweg ist toll: Man kann die Sieg oder den Rhein entlang auf Rad-Wanderwegen brausen, ohne sich anzustrengen. Natürlich gehe ich vom Gas herunter, wenn ich einen Radfahrer überhole oder wenn mir ein Radfahrer entgegenkommt.
Mit einer uralten verschlissenen Lederjacke und eine alten Leder-Piloten-Helm fühle ich mich als „Easy Rider“ wenn mir der Fahrtwind um die Ohren weht.
Und die 20 km/h reichen für ein Motorrad-Gefühl völlig aus. Sind für die Reaktion eines 75 Jahre alten Bikers noch locker beherrschbar.
Hier ein Auszug aus einem Spiegel-Artikel von 1987:
http://www.svenbecker.de/saxonette/
https://www.spiegel.de/politik/ohne-helm-und-fuehrerschein-a-fac42ac8-0002-0001-0000-000013522386?context=issue
Aus der Verbindung eines kleinen Sachs-Motors (0,7 PS) mit einem Fahrrad der Fichtel & Sachs-Tochter Hercules ist ein neuartiges Leichtmofa namens »Saxonette« entstanden, das Menschen ab 15 Jahren auch ohne Sturzhelm und Führerschein das Fortkommen auf zwei Rädern erleichtern soll. Der Motor, als Nabenmotor auf das Hinterrad wirkend, läßt sich während der Fahrt zuschalten, wenn zusätzliche Schubkraft (etwa bergauf oder windwärts) gewünscht wird, und wieder abschalten. »Uns stört nur der behördlich verfügte Begriff Leichtmofa«, erläuterte ein Firmensprecher die insbesondere für »ältere Leute« gedachte Fahrhilfe, »denn für uns ist es das Fahrrad mit Rückenwind.« Die Saxonette kostet 1465 Mark für das Normalrad, 1485 Mark für eine Version mit Doppelrohr-Rahmen. Eine Tankfüllung (1,5 Liter Bleifrei-Sprit) reicht für 150 Kilometer unter Motor bei einer Höchstgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern. »So einfach wie jedes Fahrrad« fährt sich die umweltfreundliche Saxonette nach Angaben ihres Herstellers, »mit Motor vielleicht sogar noch leichter und noch sicherer«.
Und es gibt einige Foren im Internet, wo man sich Rat und Hilfe holen kann. Auch auf YouTube gibt es tolle Videos, wo man erklärt bekommt, wie man z. B. den komplizierten Vergaser (es gibt den deutschen Bing-Vergaser und den japanischen TK-Vergaser) zerlegen und -was viel wichtiger ist!- auch wieder zusammenbauen kann. Nicht umsonst sprechen die Saxonette-Fans vom „Versager“.
Da mir die 20 km/h etwas zu wenig waren, da ich gerne bastle und da ich manchmal auch ein gewisses Risiko mag, habe ich mich drangemacht, das Maschinchen etwas schneller zu machen.
Ohne Eingriffe in den Motor (Verdichtung erhöhen, Einlass- und Überström-Kanäle glätten usw.) geht das bei der Saxonette sehr leicht:
Die Regelung der Zündung erfolgt elektronisch mittels eines kleinen Kunststoff-Kästchens, in dem die Zünd-Elektronik eingegossen ist: Der sogenannten CDI
Die Elektronik sorgt dafür, dass bei 20 km/h der Motor gedrosselt wird.
Es gibt findige Elektronik-Bastler, die eine veränderte CDI bauen, welche keine Drosselung erzeugt.
Aber denken Sie daran: Das Maschinchen verliert mit der neuen Super-CDI (theoretisch) seine Straßenverkehrs-Zulassung. Es wäre dann ein
Kleinkraftrad mit einem Hubraum bis zu 50 ccm und einer Geschwindigkeit bis zu 40 km/h; also kein Mofa mehr, sondern ein Moped.
Versicherungsmäßig gibt es zwischen Mofa und Moped keinen Unterschied. Und Ihr (Pkw-)Führerschein reicht auch für Mopeds aus.
Das blaue Original-Prüfrex-CDI-Modul begrenzt -wie bereits gesagt- die Höchstgeschwindigkeit des Mofas auf 20 km/h.
Hebt man diese Begrenzung auf, verliert das Mofa seine Zulassung und darf nicht mehr im öffentlichen Straßenverkehr gefahren werden.
Bei Wolle (wolle013@osnanet.de) kann man für 45 € ein „optimiertes“
CDI-Modul kaufen. Wahrlich kein Betrag für das Wunder-CDI!
Die mitgelieferte Anleitung ist sehr anschaulich und nach dem Austausch (eine Sache von 10
Minuten) macht die Saxonette stattliche 26 – 28 km/h.
Wenn man handwerklich geschickt ist und etwas Mut besitzt, kann man die Original-CDI auch selber tunen. Man sollte es sich aber gut überlegen, ob man -um
die 45 Euronen für Wolle zu sparen- das Risiko eingehen will, seine CDI zu zerstören.
Und so geht‘s:
Dazu braucht man nur einen Schraubstock, eine Bohrmaschine und einen 8 mm Bohrer.
Lege das Prüfrex-Modul mit der schmalen, langen Seite auf die Werkbank.
Die Kontakte müssen nach rechts zeigen. Von oben: Blau. Schwarz. Rot.
(Die 3 Gehäuse-Streifen zeigen zu dir)
Nun 23 mm von links und 9 mm von dir weg markieren.
Mit einem 8 mm Bohrer langsam (!) ein 13 bis 15 mm tiefes Loch bohren.
Fertig!
Und schon fährt das Maschinchen statt 20 km/h nun 26 bis 28 km/h.
Und kräftiger ist es auch. Steigungen, bei denen ich sonst mittreten musste, schafft es nun nur mit der neuen Motorkraft!
NB.:
Inzwischen (Stand September 2021) bin ich stolzer Besitzer von 4 (!) Saxonetten. Von der einfachsten (fahrradähnlichen) Ur-Version über die Saxonette Classic bis zur Saxonette Luxus.
3 habe ich zum Fahren gebracht; an der 4. bin ich noch am Schrauben.
Jetzt ist meine Garage aber voll und ich muss mich wohl oder übel von zwei Maschinchen trennen!