Das Märchen vom „1000-Betriebsstunden-Komplott“ der Glühlampen-Hersteller
Neulich wurde in einer kritischen Fernsehsendung behauptet, dass sich die Glühlampen-Industrie vor 100 Jahren abgesprochen hat, nur noch Glühlampen mit 1.000 Stunden Lebensdauer herzustellen. Obwohl ohne weiteres eine doppelt so lange Lebensdauer möglich wäre. Als Beispiel für Langlebigkeit wird eine „funzelige“ Glühlampe auf der Feuerwache 6 in Livermore, Kalifornien erwähnt, die schon seit 111 Jahren ununterbrochen brennt.
Tatsache ist, dass es eine weltweite Übereinkunft der Glühlampenhersteller diesbezüglich gab. Das sog. Phoebus Kartell wurde am 23.12.1924 gegründet. Mitglieder waren die Glühlampenhersteller International General Electric (USA), Osram/Siemens (Deutschland), Tungsram (Ungarn), Compagnie des Lampes, GE Overseas Group und Associated Electrical Industries (Großbritannien).
Eine der ersten Absprachen des Kartells war, das eine Glühlampe für eine Lebensdauer von 1000 Stunden gebaut werden sollte.
Aber nicht die Gier der Hersteller, sondern wirtschaftliche Gründe waren dafür ausschlaggebend.
Hier die Erklärung:
Die wesentlichen Eigenschaften einer Glühlampe sind Lichtausbeute (Lumen/Watt) und Lebensdauer (Betriebsstunden). Diese werden maßgeblich von der Temperatur der Glühwendel bestimmt: Je höher die Temperatur, desto „heller“ die Lampe, aber umso kürzer die Lebensdauer!
Bei einer Glühlampe besteht die Glühwendel aus einem extrem dünnen, ca. 1 m langen, gewendelten Wolframdraht. Wird dieser Draht durch den elektrischen Strom zur Weißglut gebracht, so verdampfen bei steigender Temperatur immer mehr Wolfram-Atome; irgendwann „brennt“ die Wendel durch. Das verdampfte Metall sieht man dann als schwarzen Fleck auf der Innenseite des Glaskolbens.
Erhitzt man die Wendel nicht auf 3.500 Grad, sondern nur auf 2.500 Grad, so verdoppelt sich die Lebensdauer. Aber sie leuchtet auch nicht mehr so
hell, obwohl sie den gleichen Stromverbrauch hat!
Um die gleiche „Helligkeit“ zu erreichen, braucht man jetzt ca. 25 % mehr Leistung (Watt).
Das bedeutete, dass eine "langlebige" Glühlampe mit 125 Watt betrieben werden muss, wenn sie die gleiche Helligkeit (Lichtleistung) wie eine "kurzlebige" 100 W-Lampe haben
soll.
Man kann leicht ausrechnen, was in beiden Fällen eine Beleuchtungszeit von 2.000 Stunden kostet:
1) Die 100 W-Lampe verbraucht in 2.000 Stunden 200 kWh
2) Die 125 W-Lampe verbraucht in 2.000 Stunden 250 kWh, d.h. 50 kWh mehr.
D.h. eine langlebige Glühlampe verursacht in 2.000 Stunden (bei 0,35 €/kWh) 17,5 € mehr Stromkosten als eine
kurzlebige.
In dieser Zeit wird aber nur 1 zusätzliche kurzlebige Glühlampe für ca. 1 € benötigt, da die erste nach 1.000 Stunden durchgebrannt ist.
So paradox es erscheint:
Durch die Verkürzung der Lebensdauer von 2.000 auf 1.000 Stunden spart man insgesamt Geld, weil eine zusätzliche, neue Glühlampe billiger ist als der Mehrverbrauch
an Strom!