Informations-Management,
das Kernstück des Risiko-Managements
Bei einer unerwünschten Situation nennt man die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß des Eintreffens Risiko; bei einer erwünschten Situation wird diese Größe "Chance" genannt!)
Risiko- und Chancen-Management sind nicht nur zum Steuern eines internationalen Konzerns wichtig, sondern Grundbestandteile unseres täglichen persönlichen Lebens.
Ohne ein erfolgreiches Risiko- und Chancen-Management hätte es der homo sapiens nicht geschafft, in der Evolution den derzeitigen Führungsplatz zu erreichen!
Das Informations-Management ist das Schlüssel-Element jeder Aktion. Nicht nur im Krieg haben Spione („externe“ Information), entschlüsselte Codes („fehlgeleitete“ Information) oder zusammengebrochene Nachrichtenverbindungen („interne“ Information) ganze Feldzüge entschieden.
Bei jeder Aktion, d. h. bei der gewollten Änderung einer Situation läuft die folgende Maßnahmenkette ab:
1. Erkennen der Situation (”was ist überhaupt los?”)
2. Erkennen des Problems (”was stimmt nicht? Was stört mich?”)
3. Analyse des Problems (”Was ist die Ursache des Problems?”)
4. Erarbeiten von Lösungsmöglichkeiten (”Wie kann ich das Problem beseitigen und die Situation bereinigen?”)
5. Abwägung der Vor- und Nachteile (”quick and dirty” oder ”perfect, but too late”?)
6. Entscheidung für einen Lösungsweg (”das machen wir!”)
7. Einleitung erster Maßnahmen (”Pilotierung / ”Probeschuß”/ ”auf den Busch klopfen”)
8. Durchführung der Aktion (”Auf geht’s!”)
Wie beim Zuköpfen eines Mantels gilt die erschwerende Regel:
Wenn der 1. Knopf falsch gesetzt ist, wird es unmöglich, den Mantel richtig zuzuknöpfen, ohne daß man ihn wieder ganz aufknöpfen muß!
Wichtig ist,
· daß die Durchführung der Aktion ständig kontrolliert wird und jede minimale (ungewollte) Situatuationsänderung erneut nach diesem Regelkreis beurteilt wird,
· und dann am Ende (nach Erreichen des Zieles) im Sinne eines Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses die neue Situation ebenfalls ständig neu beurteilt und notfalls verändert wird. (”Stillstand ist Rückschritt!”)
Dabei treten die folgenden Erschwernisse auf:
· Die Mittel für die Durchführung der Aktion sind immer zu kapp und reichen nie aus. Das ist wie im täglichen Leben: Egal wieviel Geld man hat, man hat immer zu wenig!
· Die ANALYSE der jeweils angetroffenen Situation muß meist in kürzester Zeit durchgeführt werden. Dabei ist es wie bei der Vorbereitung auf eine Prüfung: Die Zeit reicht nie aus! Eines der Parkinsonschen Gesetze lautet: ”Zeit ist dehnbar; Jede Arbeit dauert solange, wie Zeit dafür da ist.”
Das Hauptproblem des Verantwortlichen kann dabei auf zwei entscheidende Fragen zurückgeführt werden:
1. Was ist mein Ziel/mein Auftrag?
2. Wie erreiche ich dieses Ziel optimal (schnellstens/mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln/usw.)?
Dieser Prozeß findet nie unter optimalen Bedingungen statt, sondern wie erwähnt meist unter Zeitdruck, Störeinflüssen und Informationsmangel.
Und auch unter Angst vor im nachhinein festgestellten Fehlern!
Machen wir uns nichts vor: Die Folgen einer Entscheidung werden u. U. in monatelangen Recherchen von echten und auch selbsternannten Experten analysiert und kritisiert. Und dies dann in aller Ruhe, ohne die genannten Erschwernisse und mit dem Wissen um das richtige Ergebnis! (”Die besten und tapfersten Kämpfer sind die Zuschauer!”)
Eine ”Null Fehler-Forderung” (so sinnvoll sie bei Routine-Vorgängen sein mag) und das Streben nach Absicherung führt durch Entscheidungs-Blockade zur völligen Paralyse des Systems:
Alle Entscheidungen werden an die jeweils nächsthöhere Ebene weitergegeben (”Was sollen wir tun, Chef?”), bis sie in der Top-Ebene angelangt sind. Dort muß man sich zwangsweise um ”peanuts” kümmern und für die systemerhaltenden, strategischen Entscheidungen fehlt dann die Zeit. Das fatale Ende ist vorprogrammiert.
(Bürokratismus führt nach einer gewissen Anlaufzeit zur Erstarrung und damit zum Zusammenbruch jedes Systems. Lesen Sie doch einmal in den Geschichtsbüchern die Beispiele über den Aufstieg und Niedergang von Imperien!)
Voraussetzung für jede Entscheidung des Verantwortlichen und damit das Auslösekriterium von AKTION ist die INFORMATION!
Um ein Ziel zu erreichen, muß ich wissen, wo ich stehe und wohin ich soll!
Damit diese INFORMATION rechtzeitig an der richtigen Stelle ankommt, muß ein ausgefeiltes und möglichst fehlersicheres INFORMATIONS-MANAGEMENT-SYSTEM bestehen.
Das älteste und "bewährteste" Informations-Management-System hat wohl neben der Kirche das Militär. (Gemäß dem Spruch ”business is war” lassen sich durchaus Parallelen mit der Wirtschaft finden!)
Information und Aktion am Beispiel einer Division
Dieses militärische Beispiel habe ich nicht gewählt, weil ich meiner nun schon über 30
Jahren zurückliegenden Bundeswehrzeit nachtrauere. Aber ein derartiger Kampfverband ist im Aufbau und im Informationsfluß einem Geschäftsbereich eines Konzerns nicht ganz
unähnlich.
Um eine richtige AKTION der Division zu
erreichen, müssen INFORMATIONEN (Meldungen, z. B. über einzelne Feindaktionen) von der
untersten Ebene (Gruppe/Zug) über die einzelnen Zwischenstufen (Kompanie, Bataillon, Brigade) bis zum Divisions-Kommandeur, bzw. dessen Divisionsstab weitergegeben werden.
Dort werden die einzelnen Informationen, die über die verschiedenen Äste und Verzweigungen des Stammbaumes ”gefiltert”, verdichtet und bewertet nach "oben" gelangen, zu einem Gesamtbild der Lage zusammengesetzt.
Ein entsprechender Aktionsplan wird erarbeitet. Dieser gelangt dann in umgekehrter Reihenfolge von oben nach unten über die einzelnen Äste des Stammbaumes bis zur untersten Ebene und zum einzelnen Soldaten.
Insgesamt ergibt sich dann eine GESAMT-AKTION der Division in die richtige Richtung und mit dem gewünschten Ergebnis.
Die Situation wird dadurch erschwert, daß das gesamte System aus INFORMATION und AKTION nicht statisch, sondern dynamisch ist.
Was heißt das?
Einerseits können zusätzliche Informationen (z.B. aufgrund eines veränderten Feindverhaltens)
weiter nach oben laufen, während Aktionen parallel dazu nach unten laufen, die jedoch aufgrund
der veränderten Situation u. U. inzwischen schon überholt sind.
Andererseits ruft jede Aktion eine entsprechende Reaktion des Gegners hervor, die wiederum
neue Informationen auf dem erwähnten Weg erzeugt; usw.
Das "Führen" (d. h. die Reaktion auf die Information) funktioniert ähnlich: Während der Gruppen-Führer noch den einzelnen Soldaten zur Aktion bringt (==> Regelkreis des Managements : "plan-do-check-improve" ), steuert der Bataillons-Kommandeur seine Kompanien. Ähnlich wie bei der Informations-Filterung muss auch die AKTION gefiltert werden. Ein "Durchstechen" über mehrere Ebenen hinweg untergräbt nicht nur die Motivation der übergangenen Verantwortlichen, sondern erzeugt zwangsweise eine "Aktions-Kakaphonie".
Ein Paradebeispiel lieferte Adolf Hitler, der aus seinem Hauptquartier gelegentlich bis zur Bataillons-Ebene eingriff. Mit den bekannten Folgen!
Für das INFORMATIONSMANAGEMENT sind abgestufte "Meldeschwellen" von einer zur nächsten Ebene absolut lebensnotwendig!
Sonst erfolgt unweigerlich durch Reizüberflutung (Informations-„Blendung“) eine Überlastung und letztendlich der Zusammenbruch der obersten Ebene.
Ein Chef mit dem Motto "Ich will alles wissen!" wird nicht lange überleben. Entweder stirbt er an Überlastung oder er wird überflüssig, da seine Organisation stirbt!
Das A und O ist ein ”umgekehrter” Filtrationsprozess von unten nach oben.
Diese Trennung der Spreu vom Weizen nennt man in der Fachsprache Sichten.
Umgekehrt deshalb, weil nur jeweils die größten "Brocken" durch das Sieb fallen und in die nächsthöhere Ebene gelangen. Dort werden sie nach den Auswahlkriterien diese Ebene neu bewertet und sortiert. Und neu gesichtet, d. h. die dieser Ebene entsprechende Größe wird abgearbeitet; die größeren (der höheren Ebenen entsprechenden) ”Brocken” werden weitergegeben, usw.
Am Ende gelangen nur die für die "Top-Ebene" notwendigen Informationen zur dortigen Entscheidungsfindung an.
Und übrigens: In einem Stab ist der ”Sichter” (d.h. derjenige, der bei jeder eingehenden Information überlegen muß, wer sie bekommt) neben dem Chef der fähigste und wichtigste Mann!
Ähnlich wie das INFORMATIONS-MANAGEMENT muß sich das AKTIONS-MANAGEMENT mit absolut notwendigen ”Handlungsfreiräumen” innerhalb der einzelnen Ebenen abspielen.
Aufgrund der Zeitverzögerung bei der Weitergabe von Information und Aktion muss in jeder Ebene die Möglichkeit zur sofortigen Situations-Anpassung vorgegeben (vorgeschrieben!) sein! Und zwar ohne die bereits erwähnte ”Null Fehler-Angst”! Natürlich muß die nächsthöhere Ebene darüber informiert werden!
Für bestimmte (möglicherweise im voraus durchgespielte) Fälle lassen sich durchaus die Handlungsfreiräume jeder Ebene festlegen (ähnlich wie die Unterschriftsberechtigung der einzelnen Hierarchiestufen innerhalb eines Großkonzerns).
Ein fast sicheres System, sowohl der Filtration als auch des Handlungsfreiraumes ist - besonders bei nicht im voraus festlegbaren Situationen -
das Handeln im "Sinne der nächsten Ebene".
Was heißt das?
Jede Ebene muß sich geistig in die nächsthöhere Ebene versetzen können (und wollen!) und aus dieser gedanklichen Position die jeweils neuen Auswahlkriterien festlegen.
Dafür stellt man sich die Frage:
"Wenn ich der Chef wäre, wäre dann diese Information/Aktion für mich notwendig?"
Für diesen geistigen Vorgang sind folgende Voraussetzungen notwendig:
· Phantasie
· Mut (Jede Entscheidung kann falsch oder richtig sein; was passiert mir, wenn sie falsch ist? Will ich überhaupt die Entscheidung treffen?)
· Intelligenz, Kompetenz und Kreativität. (Habe ich die Fähigkeit, wie mein Chef zu denken? Kann ich überhaupt die Entscheidung treffen?)
· ständige Kommunikation von oben nach unten im Vorfeld einer ”gefährlichen” Situation, damit sich jeder in die Gedankenwelt und die Probleme seines Vorgesetzten (nächsthöhere Ebene) versetzen kann. (Wenn ich die Probleme meines Chefs nicht kenne, kann ich sie auch nicht lösen!)
Beim Militär wird z.B. von einem Kompaniechef die Fähigkeit erwartet, jederzeit die Stelle seines Bataillonskommandeurs, d. h. seines Vorgesetzten einzunehmen und in dessen Sinne weiter zu handeln. D.h. Jeder muss -aus dem Steigbügel heraus- sofort (ohne Einarbeitung!) ersetzbar sein! Dies ist sozusagen die Grundvoraussetzung jeder Kriegführung.
Wenn eine Ebene der Informations- und Aktionskette diese Voraussetzungen für nicht festgelegte Situationen nicht erfüllt, bricht der Informationsfluss nach oben bzw. der Aktionsfluss nach unten ab!
Soweit zur Theorie.
Ich bin mir sicher, daß diese Gedanken nicht nur für das Informations-Management in unvorhergesehenen Situationen gelten, sondern für alle Geschäftsoperationen eines großen Konzerns.
Doch dies ist eine andere Geschichte!