Bio-Sensoren für toxische Gase
Seit dem Mittelalter bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Kanarienvögel in den Bergwerken als „Bio-Sensoren“ für toxische Gase benutzt.
Die Anwesenheit von (explosiven) schlagenden Wettern wurde durch das Flackern der Grubenlampen angezeigt. Für das tödliche (geruchlosen) Kohlenmonoxid gab es jedoch keine aparative Möglichkeit. Der gelbe Vogel aber fiel schon bei CO-Konzentrationen von ca. 0,1 % nach 2 Minuten „von der Stange“. Und rettete damit unzähligen Kumpel das Leben.
Erstaunlich war die spezielle Empfindlichkeit der Kanarienvögel gegen das gefürchtete Kohlenmonoxid. Laut http://www.kanarien-online.de/05_Bergbau.html fiel eine Maus erst nach 1 Stunde bei der der 3fachen Konzentration um.
Beim Feuerwehreinsatz mit gefährlichen Stoffen kommt es im ersten Zugriff gar nicht darauf an zu wissen, um welchen Stoff es sich handelt. Die entscheidende Frage ist, ob sich die Feuerwehrleute und die Bevölkerung durch Atemgifte schädigen können.
Natürlich gibt es die sog. Prüfröhrchen, mit denen man die Konzentration eines Schadstoffes bestimmen kann.
Viele kennen die Draeger-Röhrchen noch vom Pusten in die „Tüte“ bei der Alkohol-Kontrolle der Polizei. Wenn sich das Röhrchen über einen bestimmten Bereich verfärbte, war man fällig! Heute hat die Polizei keine Röhrchen mit einer Tüte mehr, sondern ein elektronisches Pusterohr.
Von Nachteil ist dabei, dass man wissen muss, um welchen Stoff es sich handeln könnte. Danachwird mit dem betreffenden Prüfröhrchen die Konzentration bestimmt. Mit dem gemessenen Wert (z.B. 25 ppm Chlor) kann man erstmal gar nichts anfangen. Erst durch weitere Recherchen lässt sich dann abschätzen, ob z.B. die Bevölkerung gefährdet ist oder die Feuerwehrleute ihre Atemschutz-Geräte anlegen müssen. Außerdem ändert sich die Schadstoff-Konzentration durch Windeinflüsse oder ungleichmäßige Freisetzung ständig. Was zur Folge hat, dass man die Messungen laufend wiederholen muss. Eine äußerst schwierige Situation!
Der Feuerwehrmann wünscht deshalb sich ein „Universal-Mess-Instrument“, das ihm direkt die Gefährdung (unabhängig vom jeweiligen Schadstoff) anzeigt.
Das hatten die Bergleute mit ihrem Kanarienvogel.
Spaßeshalber hatte ich einmal vorgeschlagen, eine (Black-)Box zu bauen, bei der beim Vorhandensein toxischer Gase ein Signal-Licht aufleuchtet.
Darin sollte ein Kanarienvogel mit Futter für 1 Woche sitzen. Wenn der arme Vogel umfällt, wird durch einen Sensor die Lampe eingeschaltet,. Um die Tierschützer nicht zu alarmieren, sollte nicht bekannt werden, dass keine Elektronik, sondern ein Vogel den Alarm auslöst. In Anbetracht der millionenfachen Schlachtung von Hähnchen oder Schweinen hatte ich kein moralisches Problem mit dem Tod eines Kanarienvogels.
Diese Idee war natürlich nicht umsetzbar.
Aber bei meiner Firma gab es in den 80er Jahren ein Kontroll-System für schädliche Abwässer. Es
arbeitete mit Leucht-Bakterien: Man leitete eine Abwasser-Probe durch ein Aquarium mit Fischen. Drehten sich die Fische „auf den Rücken“, dann war das Abwasser nicht zur Einleitung (in den
Rhein) geeignet. So weit so gut; aber rund um die Uhr musste ein Mitarbeiter die Fische beobachten und gegebenenfalls den Alarm auslösen. Auch der Nachschub an Fischen brachte
Probleme.
Die Lösung waren Leuchtbakterien.
Ihr Leuchten wurde schwächer und schwächer und hörte schließlich auf, wenn sie durch Schadstoffe beeinträchtigt wurden. Das war ein grandioser Fortschritt: Erstens wurden keine „Tiere“ getötet und zweitens konnte man mittels einer Foto-Zelle einen automatischen Alarm auslösen, wenn die Bakterien nicht mehr leuchteten.
Meine Idee war, dieses System für den Feuerwehreinsatz zu adaptieren. Klein und transportabel sollte es sein. Am einfachsten wären Röhrchen, die mit der Nährlösung und den Bakterien gefüllt waren. Durch das Durchpumpen einer festgelegten Luftmenge -ähnlich wie bei den Draeger-Röhrchen- sollte schon in den ersten Minuten ein brauchbares Ergebnis abzulesen sein: „Schädlich oder Unschädlich, das ist die Frage“ frei nach Hamlet.
Leider war der zuständige Abteilungsleiter von meiner Idee wenig überzeugt und so endete die Aktion „Universeller Bio-Sensor für Schadstoffe“ in meiner Ablage für ungelöste Fälle. Wie sagte schon mein Großvater? „Zu früh ist genauso schlecht wie zu spät!“
Eine andere (einfachere) Möglichkeit wäre die Verwendung von Flechten als Bio-Sensor für Schadstoffe. Flechten sollen sehr sensibel auf schädliche Stoffe reagieren. Durch das Absterben der Flechten ergibt sich eine Farbveränderung. Und damit ein schneller Hinweis auf Schadstoffe in der Luft. Und das alles ohne Batterie und anfälligem elektronischem Gerät.
Vielleicht findet sich jemand, der die Idee umsetzt. Wie sagte schon General Clausewitz: „Im Krieg hat nur das Einfache Erfolg“