Die Stöchiometrie des Verbrennungsmotors - eine Rechenübung
„Der Mangel an mathematischer Bildung gibt sich durch nichts so auffallend zu erkennen wie durch maßlose Schärfe im
Zahlenrechnen.“
―Carl Friedrich Gauß
„Ein Verbrennungsmotor ist eine Verbrennungskraftmaschine, wandelt also chemische Energie in mechanische Arbeit um. Dazu wird im Brennraum ein zündfähiges Gemisch aus Kraftstoff und Luft verbrannt. Kennzeichen der Verbrennungsmotoren ist die „innere Verbrennung“, also die Erzeugung der Verbrennungswärme im Motor. Die Wärmeausdehnung des so entstehenden Heißgases wird genutzt, um Kolben zu bewegen.“ (Zitat Wikipedia)
Das Denkmal am Deutzer Bahnhof:
Der erste funktionsfähige Verbrennungsmotor von Nikolaus Otto
Vergaser-Motor
Bei Vergaser-Kraftstoff handelt es sich um ein Gemisch von Kohlenwasserstoffen mit einem Siedebereich von ca. 50 bis 190 Grad Celsius.
Für die folgende Rechnung nehmen wir zur Vereinfachung an, dass es sich um Oktan (C8H18) handelt.
Damit liegen wir im Mittel ganz richtig.
Weiterhin rechnen wir nicht „mit der 3. Komma-Stelle“. Wir runden auf oder ab (sieh auch das obige Zitat von C. F. Gauß)
Zunächst stellen wir die Reaktionsgleichung der Verbrennung von Oktan mit Sauerstoff auf. Dabei ist zu beachten, dass die Summe der Atome rechts und links des Pfeils gleich sein muss. Es geht ja kein Atom verloren!
(I) 2 C8H18 + 25 O2 ==> 16 CO2 + 18 H2O
Danach setzten wir die Atomgewichte von C, O, und H ein und erhalten:
(2 x 114) + (25 x 32) ==> (16 x 44) + (18 x 18)
228 g + 800 g ==> 704 g + 324 g
dies ist die Massenbilanz der Reaktion.
wir machen die Probe (linke Seite = rechte Seite?):
228 + 800 = 1028
704 + 324 = 1028
d.h. die Reaktionsgleichung stimmt!
Da 1 Mol Gas (d.h. das Molekulargewicht in Gramm) bei Raumtemperatur das Volumen von 24 Liter einnimmt, können wir auch gleich das Volumen der beteiligten Gase ausrechnen:
800 g O2 = 25 Liter x 24 = 600 Liter O2
aber da die Luft nur zu 1/5 aus Sauerstoff besteht, brauchen wir 5-mal so viel Luft, d.h. 600 Liter x 5 = 3.000 Liter Luft
Und es entstehen 16 x 24 Liter CO2 = 384 Liter CO2 und 18 x 24 Liter = 432 Liter Wasserdampf (auf Raumtemperatur gerechnet).
Wir können nun die Gleichung (I) auch so formulieren:
(II) 228 g C8H18 + 3.000 l Luft ==> 384 l CO2 + 432 l Wasserdampf
Um auf 1 kg Benzin umzurechnen, müssen wir die Gleichung (II) mit 1000/228 = 4,4 multiplizieren und erhalten
(III) 1 kg Benzin + 13.160 l Luft ==> 3098 g (1.690 l) CO2 + 1.900 l H2O-Dampf
für 1 Liter Benzin (Dichte = 0,75) wird Gleichung III mit 0,75 multipliziert:
(IV) 1 l Benzin + 9.900 l Luft ==> 2.323 g (1.270 l) CO2 + 1.430 l (1070 g) H2O
Statt 1,430 l Wasserdampf bei Raumtemperatur ergeben sich bei 100 Grad (373/293 = 1,27 fach) => 1820 Liter.
ρ[Luft/0°] = 1,29 (g/l) und ρ[Luft/20°] = 1,10 (g/l)
daraus ergibt sich:
Für 1 kg Benzin (ρ = 0,75 kg/l) werden bei 20° 14,7 kg Luft benötigt
und
Für 1 l Benzin (ρ = 0,75 kg/l) werden bei 20° 9,90 m3 Luft benötigt
Dies alles gilt für ein stöchiometrisches Gemisch. d.h. bei einem idealen Luft-Benzin-Verhältnis (λ= 1)
für λ= 1,1 (d.h. bei 10% Luftüberschuss) werden für 1 l Benzin 10,80 m3 Luft benötigt und
für λ= 0,85 (max. Explosionskraft) 7,65 m3 Luft.
Für Diesel gilt (ρ = 0,83):
λ= 1 ==> 1 l Diesel + 9,8 m3 Luft
λ= 1,3 ==> 1 l Diesel + 12,7 m3 Luft
Wie setzen sich die Abgase zusammen?
Für 1 l Benzin werden 1980 l O2 benötigt [Gleichung (I) x 0,75 x 1000/228].
Da Luft zu 21 % aus Sauerstoff und zu 79 % aus Stickstoff besteht, werden dabei 7.500 l Stickstoff ohne Reaktion (als Ballast) durchgeschleust.
D.h.
1 l Benzin + 2.000 l Sauerstoff + 7.500 l Stickstoff ==> 1.300 l CO2 +1.400 l Wasserdampf + 7.500 l Stickstoff (bezogen auf 20°).
Bei einer angenommener Abgas-Temperatur von 100° wird das Volumen der Abgase mit 373/293 = 1,27 multipliziert und man erhält
1 l Benzin + 2.000 l Sauerstoff + 7.500 l Stickstoff ==> 1.600 l CO2 +1.800 l Wasserdampf + 9.500 l Stickstoff (bezogen auf 100°)
D.h. Für 1 Liter Benzin entstehen ca. 13.000 Liter Abgase (12 % CO2, 74 % N2, 14 % H2O-Dampf).
Das ist natürlich die ideale Gleichung. Da die Verbrennung nie 100 %ig ist, entstehen noch CO, NOx und Ruß (Feinstaub) je nach Luftzahl im niedrigen Prozentbereich.
Gerade bei der optimalen Verbrennung entstehen die berüchtigten Stickoxide (bis zu 0,1 %). Wegen der hohen Temperatur setzt sich dabei der normalerweise sehr reaktionsträge Stickstoff mit dem Sauerstoff zu NOx um.
Vergleich Benzin mit LPG
Ich habe einen kleinen Stromgenerator für Notfälle. Es handelt sich um eine chinesische Produktion namens Kipor IG 1.000. Es ist ein sogenannter
Inverter, d.h. er erzeugt einen sinusförmigen Wechselstrom mit maximal 1.000 Watt.
Lt. Internet handelt es sich um einen 1:1 Nachbau des 3 mal so teuren Honda EU 10. Er hat mich vor 6 Jahren so um die 300 Euro gekostet. Angetrieben wird er von einem 54 cm Viertakt-Motor
mit 1,3 kW bei 5.500 U/min.
Laut Prospekt hat das Motörchen 54 ml Hubraum und verbraucht 420 Gramm Sprit pro kWh. (das ist bei einem Strompreis von ca. 30 c/kWh und einem Spritpreis von ca. 1,20 €/l doppelt so teuer wie Strom aus der Steckdose)
Rechnung:
420 g = 560 ml.
Heizwert des Benzins = 8,7 kWh/l
==> 0,560 x 8,7 = 4,9 kWh
D.h. pro kWh „Elektrischer Energie“ verbraucht der Generator 5 kWh „Kraftstoff-Energie“; d.h. der Wirkungsgrad beträgt 20 %.
Im Internet werden verschiedene Umrüstsätze angeboten, mit denen man den Generator statt mit Benzin mit Flüssig-Gas (LPG) betreiben kann.
Eigentlich kann es nicht kompliziert sein, wenn der Vergaser, statt Benzin zu vergasen, gleich das bereits gasförmige Propan mit Luft vermischt und in den Verbrennungsraum befördert. Der Vergaser (in Schrauber-Kreisen gerne „Versager“ genannt) vergast das Benzin nicht völlig, sondern zerstäubt es nur. Das eigentliche „Vergasen“ findet dann im Zylinder statt.
Für das richtige Mischungsverhältnis mit der Ansaug-Luft kann man grob ausrechnen, wie sich der „Benzin-Dampf“ vom Propan unterscheidet. Grob, weil natürlich auch hier der Spruch meines Großvaters gilt: „Versuch macht kluch!“
Für die Rechnung nehmen wir an, dass es sich bei Benzin um Oktan C8H18 handelt.
Dann sind 1 Mol = 8 x 12 + 16 x 1) = 114 Gramm
1 Mol Gas entspricht bei Raumtemperatur ungefähr 24 Liter. Wir nehmen zur Vereinfachung an, dass im Vergaser Raumtemperatur herrscht; meist ist es aber durch die Verdampfungswärme des Benzins kälter==> Vereisung!
Mit der Dichte des Benzins von 0,74 ergibt sich dann
114 g = 154 ml = 24 l „Benzin-Gas“
Aus 1 Liter flüssigem Benzin entstehen dann 156 Liter „Gas“
und für 1 l Benzin-Gas werden 1/156 = 6,5 ml Benzin benötigt
Wie oben berechnet brauchen 1 Liter flüssiges Benzin 9,9 m³ Luft
demnach
1 l Benzin-“Gas“ = 6,5 ml Benzin-Flüssig benötigen 64 l Luft
d.h. das Mischungsverhältnis Benzin-“Gas“ : Luft ist etwa 1 : 60
Vergleich Benzin-Propan;
1) C8H18 + 25/2 O2
==> 8 CO2 + 9 H2O
114 g C8H18 + (12,5 x 24) l
O2 ==> …….
und demnach
1 kg C8H18 + 2630 l O2 ==>
bzw. da Luft nur 1/5 Sauerstoff enthält
1 kg C8H18 +
13, 2 m³ Luft ==>
analoge Rechnung für Propan:
2) C3H8 + 5 O2
==>
44 g + 5 x 24 l O2 ==>
und
1 kg C3H8 + 2727 l O2
bzw.
1 kg C3H8 + 13,5 m³ Luft
Wir sehen also, dass 1 kg Propan ungefähr genauso viel Luft benötigt wie 1 kg Benzin.
Aber 1 kg Propan (bzw. LPG) sind 2 Liter Flüssig-Propan (d = 0,51). Und 1 kg Benzin sind 1,35 Liter Flüssig-Benzin (d = 0,74).
D.h. das ideale Mischungs-Verhältnis beträgt
1 l Benzin + 9,9 m³ Luft und
1 l LPG (flüssig) + 26,5 m³ Luft
aus 2) sieht man, dass 1 Vol.-Teil Propan 5 Vol.-Teile Sauerstoff und damit 25 Teile Luft brauchen
d.h. das Mischungsverhältnis Propan-Gas : Luft ist etwa 1 : 25
Neben-Rechnung betr. o.g. Strom-Generator:
Als 4-Takter erfolgt 1 Explosion pro 2 Umdrehungen.
D. h. Bei 5000 Umdrehungen erfolgen 2.500 Explosionen und damit Zylinder-Ladungen.
2.500 x 54 ml = 135 l Ex-Gemisch/min
Weil 1 l Benzin ca. 10.000 l Luft benötigt, folgt
135 l Gemisch enthalten ca. 13,5 ml Benzin
Der Motor verbraucht demnach ca. 13,5 ml/min = 0,8 l/h
Laut Prospekt beträgt der Verbrauch etwa 0,6 l/h; d.h. wir liegen mit unserer Rechnung in etwa richtig.
Diesel-Motor
Die Hauptbestandteile des Dieselkraftstoffes sind vorwiegend Alkane ,Cycloalkane und aromatische Kohlenwasserstoffe mit jeweils etwa 9 bis 22 Kohlenstoff-Atomen pro
Molekül und einem Siedebereich
zwischen 170 °C und 390 °C.
S. a. das obige Diagramm (aus Wikipedia)
Für die folgende Rechnung nehmen wir zur Vereinfachung an, dass es sich um Hexadekan =Cetan (C16H34) handelt. Damit liegen wir im Mittel einigermaßen richtig.
Zunächst stellen wir die Reaktionsgleichung der Verbrennung von Cetan mit Sauerstoff auf. Dabei ist zu beachten, dass die Summe der Atome rechts und links des Pfeils gleich sein muss. Es geht ja kein Atom verloren!
(I) C16H34 + 24,5 O2 16 CO2 + 17 H2O
Danach setzten wir die Atomgewichte von C, O, und H ein und erhalten:
(226) + (24,5 x 32) (16 x 44) + (17 x 18)
(Ia) 228 g + 784 g 704 g + 306 g
dies ist die Massenbilanz der Reaktion.
Da 1 Mol Gas (d.h. das Molekulargewicht in Gramm) bei Raumtemperatur das Volumen von 24 Liter einnimmt, können wir auch gleich das Volumen der beteiligten Gase ausrechnen:
784 g O2 = 24,5 x 24 Liter = 588 Liter O2
aber da die Luft nur zu 21 % aus Sauerstoff besteht, brauchen wir ca. 5-mal (Genau 4,76 mal) so viel Luft. Nämlich 588 Liter x 100/21 = 2.800 Liter Luft
Und es entstehen 16 x 24 Liter CO2 = 384 Liter CO2 und 17 x 24 Liter = 408 Liter Wasserdampf (auf Raumtemperatur gerechnet).
Wir können nun die Gleichung (I) auch so formulieren:
(II) 226 g C16H34 + 2.800 l Luft [(588 l = 784 g O2) + (2212 l N2)] 384 l (704 g) CO2 + 408 l (306 g) Wasserdampf
Um auf 1 kg Diesel umzurechnen, müssen wir die Gleichung (II) mit 1000/226 (= 4,42) multiplizieren und erhalten
(III) 1 kg Cetan + 12.390 l Luft (2632 l O2 + 9900 l N2)
3112 g (1.697 l) CO2 + 1353 g (1.803 l) H2O-Dampf
bzw. bei 1 Liter Diesel (Dichte = 0,84) wird Gleichung III mit 0,84 multipliziert:
(IV) 1 l Diesel + 10.408 l Luft (2.186 l O2 + 8.222 l N2)
1.425 l (2.614 g) CO2 + 1.515 l (1137 g) H2O
Statt 1.515 l Wasserdampf bei Raumtemperatur ergeben sich bei 100 Grad (373/293 = 1,273 fach) => 1923 Liter Wasserdampf von 100 Grad.
Und statt 1.425 l CO2 entsprechend 1.810 l CO2 .
ρ[Luft/20°] = 1,20 (g/l)
daraus ergibt sich:
Für 1 kg Cetan werden bei 20° 14,85 kg (= 10,41 m³ ) Luft
benötigt
(lt. Lit. für Diesel 14,55 kg)
Dies alles gilt für ein stöchiometrisches Gemisch. d.h. bei einem idealen Luft-Benzin-Verhältnis (λ= 1) und für die Annahme, dass es sich um „Cetan“ handelt. (In Wirklichkeit ist z.B. Diesel ein Gemisch mit jeweils etwa 9 bis 22 Kohlenstoff-Atomen pro Molekül und einem Siedebereich zwischen 170 °C und 390 °C. n-Cetan hat einen Siedepunkt von 287 Grad).
für λ= 1,3, d.h. bei 30% Luftüberschuss werden lt. Lit. für 1 l Diesel 12,7 m3 Luft
(2,67 m³ O2) benötigt.
Wie setzen sich die Abgase zusammen?
Für 1 l Cetan werden 2.186 l Sauerstoff benötigt.
Da Luft zu 21 % aus Sauerstoff und zu 79 % aus Stickstoff besteht, werden dabei zusätzlich 8.222 l Stickstoff ohne Reaktion (als Ballast) durchgeschleust.
D.h. (ca.)
1 l Cetan + 2.200 l Sauerstoff + 8.200 l Stickstoff
1.400 l CO2 +1.500 l Wasserdampf + 8.200 l Stickstoff (bezogen auf 20°).
Bei einer angenommener Abgas-Temperatur von 100° wird das Volumen der Abgase mit 373/293 = 1,27 multipliziert und man erhält gerundet:
1 l Cetan + 2.200 l Sauerstoff + 8.200 l Stickstoff (20°)
1.800 l CO2 +1.900 l Wasserdampf + 10.400 l Stickstoff (bezogen auf 100°)
D.h. Für 1 Liter Cetan entstehen ca. 14.200 Liter Abgase bezogen auf 100° (13 % CO2, 74 % N2, 14 % H2O-Dampf).
Wie man leicht ausrechnen kann, verbraucht ein PKW bei einem angenommenen Verbrauch von 5 Liter/100 km und einer Geschwindigkeit von 120 km/h
in einer Minute 100 ml Kraftstoff .
Und erzeugt dadurch pro Minute aus diesen 0,1 Liter Benzin 1.300 Liter (bei Diesel 1.400 Liter) Abgase.
Zum Staunen:
Bei einer Drehzahl von 3.000 U/min finden (bei einem 4-Zylinder-4-Takt-Motor) 6.000 Explosionen pro Minute statt. Das sind 100 Explosionen pro Sekunde! (Diesen 100 Hz-Ton hört man dann auch als "brummendes" Motor-Gräusch.)
Pro Explosion wird die unvorstellbar kleine Menge von 0.017 ml Benzin in den Zylinder eingespritzt. Wenn man annimmt, dass 30 Tropfen 1 ml Benzin ergeben, ist dies ein halber Tropfen. Diese Menge muss in einer Hundertstel Sekunde mit einer Exaktheit von 99% abgemessen, mit der richtigen Menge Luft vermischt und in den Zylinder eingespritzt werden. Ein Höhepunkt der Ingenieurs-Kunst!